Bald nachdem die alte Städtische Reitschule im Herbst 1987 zum zweiten Mal besetzt worden war, als grosse Diskussionen über unsere politische Haltung an Vollversammlungen stattfanden, unsere Vorstellungen über Kultur erörtert wurden, waren einige von der Idee nicht mehr abzubringen, unser auf Offenheit, Nähe und Solidarität gründendes Kulturverständnis mittels Filmen einem kulturverarmten Publikum weiterzugeben. So entstand in einer der Remisen aus einem ehemaligen Pferdestall, ein ungewöhnliches Kino, mit Bar als Begegnungsort, darüber quasi aufgehängt prangt die Projektionskabine. Seit März 1988 werden jeweils Donnerstag und Freitag Abend solche Filme auf die schräg im Raum angebrachte, alljährlich frischgeweisste Stiroporleinwand geworfen, deren Inhalte und formale Eigenschaften sich stark von dem kommerziellen Einerlei der städtischen Kinos unterscheiden. Wir wollen anderes Kino machen: den politischen und den politisierenden Film auf die Leinwand bringen. Anders Kino machen heisst, Geschichten von Menschen erzählen zu lassen, die etwas mit uns zu tun haben, die zeigen, in welchen gesellschaftlichen Verhältnissen und Verstrickungen sie gefangen sind und wie sie sich mit ihnen auseinandersetzen. Geschichten mit Widersprüchen, die nicht ohne weiteres auf die Seite gewischt werden können. Anderes Kino machen heisst aber auch, sich auf experimentelle Filmformen einlassen, sich ausliefern, sich verunsichern lassen durch Neues, Schräges, Ungewohntes. Wir suchen Filme, die in den kommerziellen Kinos nicht zu sehen sind oder jene, die es nur noch an Festivals zu entdecken gibt. Es sind die wirtschaftlich uninteressanten Werke, weil sie nicht die ewig gleichen Klischees wiederholen und nicht mit den Filmen aus den Ländern mit grosser Kinoproduktion konkurrenzieren können oder weil sie formal gegen die Sehgewohnheiten "verstossen". Solche Filme finden heute kaum noch einen Schweizer Verleih. Eine der wichtigen Aufgaben des anderen Kinos ist es, auf solchermassen "unauswertbare" Filme aufmerksam und neugierig zu machen. Wir setzen dem Einheitsbrei des Fernsehens und der zunehmenden Missachtung der Filmkultur durch die kommerziellen Kinos unser Kino gegenüber, wo sowohl Politik und Kultur wie auch Menschen aufeinandertreffen: Dies ermöglicht eine Sicht auf die Welt, die nicht eindimensional ist, sondern die gesellschaftliche Widersprüche beim Namen nennt. Nicht die Abhängigkeit durch stereotype Unterhaltung, sondern die bewusste Auseinandersetzung - auch mit den eigenen Sehgewohnheiten - entsprechen unserem Kulturverständnis.
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